Roland Schimmelpfennig

Vor langer Zeit im Mai
Einundachtzig kurze Bilder für die Bühne
6 D, 6 H, Geräusche, Musik
UA: 13.03.2000 · Schaubühne am Lehniner Platz, Berlin · Regie: Barbara Frey
Der Ort: eine leere Bühne. Die Zeichen: Fahrrad, Rokkokokleid und Koffer. Stimmen und Geräusche. Ein Lied. Gesten und Situationen. Fluchtpunkte. Brüche und Wiederholungen in einer Spielvorlage aus einundachtzig kurzen Bildern für die Bühne.

Zum Beispiel die Geschichte von dem Fahrrad und einem Mann.
"Er fährt wiederholt in weiten Kreisen über die leere Bühne. Er kreist und kreist. Er hält an. Er fixiert die ihm gegenüberliegende Wand, nimmt Anlauf und rast auf sie zu.
Black.
Geräusch des Aufpralls."

Ein Spiel mit Augen-Blicken. Miniaturen, die kurz belichtet, dann wieder ausgeblendet werden. Intervalle von szenischen Aktionen und Dialogsplittern. Atem-Bruchstücke als ein Spiel der Fragen. Unter den wortkargen Dialogen liegt eine verborgene Geschichte. Eine Dramaturgie der Brüche im Wechsel von unausgesprochenem und verschwiegenem Text.

Die Momentaufnahmen korrespondieren miteinander, zeigen Motive, die sich mit artistischer Leichtigkeit wiederholen, verdoppeln, verdreifachen, mehr und mehr zu turbulenten Bildern verdichten. Via Variation, immer neue Konstellation und Kombination der Aktionen und Personen in "einer Art von 'komischem Kamikaze'" (Schimmelpfennig). Die leere Bühne als Ort für ein taktiles Spiel, für ein filigranes Netzwerk von Begegnungen und Beziehungen, geschrieben mit der Geste des Filmers, des Malers und des Poeten.
Übersetzt in: English, French, Spanish, Turkish